15.12.2022
In Hemmingen bei Stuttgart hat das Start-up BtX energy eine Anlage in Betrieb genommen, die Biogas in Wasserstoff umwandelt. Das Forschungsprojekt dahinter soll zeigen, wie Biogasanlagen künftig dezentrale Wasserstofferzeugung ermöglichen, etwa für den Verkehrssektor.

Als das Forschungsprojekt BioH2Ref Ende Oktober seinen Demonstrator auf dem Gelände der Biogasanlage Haldenhof in Betrieb nahm, waren zahlreiche Besucherinnen und Besucher erschienen. Kein Wunder: Die Bundesregierung schätzt, dass bis 2030 rund 100 Terawattstunden Wasserstoff benötigt werden. Und weil die Frage, woher das Gas kommen soll, immer noch offen ist, schaut die Energiebranche neugierig auf neue Möglichkeiten der Wasserstofferzeugung.

Ein Teil des Wasserstoffs kann künftig aus Biogasanlagen wie der in Hemmingen kommen. Bei dem eröffneten Demonstrator handelt es sich um einen Reformer, der Wasserstoff aus Biogas erzeugt. Außerdem soll er zeigen, dass Wasserstoff nicht nur mittels Elektrolyse wirtschaftlich gewonnen werden kann. Dazu hat der Unternehmensverbund um das erst 2020 gegründete Start-up BtX energy eine Reformer-Containerlösung entwickelt. Diese ist nicht nur vergleichsweise mobil, durch die Nutzung von Biogas als Primärenergieträger wird die nutzbare Energie durch die Wasserstoffaufbereitung nicht reduziert.

Der Biogasreformer aus dem Projekt BioH2Ref.
BtX energy GmbH

„Grüner Wasserstoff aus Biogas ist der ideale Rohstoff, um eine Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen, solange erneuerbarer Strom nicht im Überfluss zur Verfügung steht“, erklärt Projektleiter und BtX-energy-Gründer Andy Gradel. „Wir wollen Biowasserstoff flächendeckend etablieren, mit dezentralen Lösungen. Der Reformer ist unser erstes Produkt – aber wir forschen in verschiedene Richtungen.“

In einem zweiten Projekt, BiDroGen, will BtX energy etwa Synthesegas aus Holzabfällen gewinnen, das später wiederum zu Wasserstoff werden soll. „Wir sehen die autarke Wasserstoffversorgung als Zukunftsthema. Hier können kleinere Mengen regional erzeugt werden und fossile Brennstoffe ersetzen“, erklärt Gradel.

Neue Geschäftsmodelle für Biogasanlagen

Der BioH2Ref-Demonstrator in Hemmingen liefert 50 Normkubikmeter Wasserstoff pro Stunde. Das reicht rechnerisch, um ein Wasserstoffauto 500 Kilometer weit fahren zu lassen. Den Verkehrssektor findet Gradel als Abnehmer ohnehin interessant, denn dieser unterliegt in Deutschland einem Treibhausgas-Quotenhandel, der die Nachfrage nach lokal produziertem Wasserstoff steigen lassen dürfte.

Und eine weitere Entwicklung könnte BtX helfen: Die Förderung für viele Biogasanlagen läuft aus, die Betreiber suchen neue Geschäftsmodelle. „Wir wollen nicht in Nutzungskonkurrenz gehen“, betont Gradel zwar. Denn Biogasanlagen, die etwa rentabel Strom produzieren oder Gas ins Netz einspeisen können, sollen das auch machen. Dennoch sieht Gradel genügend Möglichkeiten, die Wasserstoffherstellung auszuweiten.

Das Projekt BioH2Ref läuft bis Ende 2024. Es soll im Verbund mit der RWTH Aachen den wissenschaftlichen Beweis erbringen, dass die Anlage von BtX marktreif ist und ein sinnvoller Baustein der deutschen Wasserstoffwirtschaft werden kann. Gradel glaubt allerdings, dass sie noch mehr kann. „Wir könnten den BioH2Ref-Reformer auch nutzen, um gut speicherbares Biomethanol herzustellen“, erklärt er. „Das würde die langfristige Speicherung von Energie voranbringen.“ (pj)