Prof. Ulrich Wagner Trans4ReaL zu Wasserstofftechnologien
„Wir reichen Wissen weiter und sorgen so für mehr Effizienz“
Grüner Wasserstoff kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Kohlenstoffdioxid (CO2)-Emissionen zu senken und so das Klima zu schützen. Den Sprung von innovativen Technologien aus der Forschung in die breite Anwendung sollen die Reallabore der Energiewende vorbereiten. Das jetzt gestartete Projekt Trans4ReaL wird die Ergebnisse der Reallabore zu Sektorkopplung und Wasserstofftechnologien übergreifend analysieren.
Prof. Ulrich Wagner von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München ist Sprecher der wissenschaftlichen Transferforschung Trans4ReaL und erklärt, wie das Team vorgeht.
Herr Wagner, was ist das Ziel von Trans4ReaL?
Wagner: Das übergreifende Ziel von Trans4ReaL ist es sicherzustellen, dass die Erkenntnisse aus den Reallaboren zu Sektorkopplung und Wasserstofftechnologien in die Breite getragen und flächendeckend genutzt werden können. In den kommenden fünf Jahren möchten wir die Reallabore der Energiewende untereinander vernetzen und ihre jeweiligen Erkenntnisse zu bestimmten Wasserstofftechnologien und Innovationen im Bereich der Sektorkopplung zusammentragen. So werden wir verallgemeinerbare Aussagen ableiten, wie eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft in Deutschland etabliert werden kann.
Wie werden Sie dabei konkret vorgehen?
Unsere Aufgabe ist es, die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in den Reallaboren zu begleiten. Auf einer vertrauensvollen Basis klären wir mit den Beteiligten, unter welchen Bedingungen wir Erkenntnisse aus einem Projekt mit anderen Reallaboren teilen können. Denn es gibt natürlich thematische Überschneidungen: Während die einen zum Beispiel Bipolarplatten [Anmerkung der Redaktion: Trennelement zwischen den einzelnen Brennstoffzellen, das unter anderem die Zellen elektrisch verbindet] für Brennstoffzellen entwickeln, geht es in einem anderen Reallabor um Bipolarplatten für Elektrolyseure.
Das sind zwar unterschiedliche Anwendungen, dennoch ergeben sich viele ähnliche Fragen bei der Fertigung. Hier setzen wir mit der Transferforschung an: Wir sammeln Ergebnisse zur Erzeugung, Verteilung und Anwendung von Wasserstofftechnologien und machen sie vergleichbar, sodass sie einen Mehrwert für Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft bilden.
Es ist klar, dass von allein kein Wasserstoffmarkt entsteht. Es braucht dafür passende Anreizsysteme.
Prof. Ulrich Wagner, Forschungsstelle für Energiewirtschaft
Was kann die Transferforschung leisten, was die einzelnen Reallabore nicht leisten können?
Während sich die einzelnen Projekte auf bestimmte Technologien spezialisieren, können wir übergeordnete Fragestellungen angehen. Wir analysieren zum Beispiel Liefer- und Produktionsketten von grünem Wasserstoff sowie die Ökobilanz von Wasserstoffpfaden. Wir untersuchen auch, wie zukünftige Energieszenarien und Marktmodelle sowie rechtliche oder regulatorische Rahmenbedingungen ausgestaltet sein müssten. Denn es ist klar, dass von allein kein Wasserstoffmarkt entsteht. Es braucht dafür passende Anreizsysteme.
Bei unseren Analysen zu diesen Themen werten wir nicht nur die Erkenntnisse aus den Reallaboren aus, sondern beziehen auch nationale und internationale Studienergebnisse und Entwicklungen mit ein. Dieses Wissen reichen wir an die Kolleginnen und Kollegen der Reallabore weiter und sorgen so für mehr Effizienz. Nehmen wir das Beispiel Brennstoffzellenforschung. Hier könnten wir Entwicklungsteams etwa bei der Frage unterstützen, wie eine Brennstoffzelle konkret ausgelegt werden soll: Gibt es mehr Bedarf an Fünf-Kilowatt-Brennstoffzellen oder ist der Bedarf an 500-Kilowatt-Systemen vielleicht viel größer? So möchten wir dazu beitragen, dass Systeme entwickelt werden, die der Markt besonders braucht.
Was passiert am Ende des Projekts mit den gewonnenen Erkenntnissen?
Ein wesentliches Ziel ist es, Handlungsoptionen für die Politik abzuleiten. Wir möchten Informationen dazu liefern, wo der Platz von Wasserstoff im Energiesystem der Zukunft sein kann und wie wir mit möglichst geringen Mehrkosten zu einem Markthochlauf und einem Export von Wasserstofftechnologien kommen. Dazu arbeiten wir auch mit Computer-Modellen. Mit diesen können wir ermitteln, was passiert, wenn sich zum Beispiel die Kosten für CO2-Zertifikate ändern oder es rechtliche Vorgaben für den Einsatz bestimmter Wasserstofftechnologien geben würde. Unsere Handlungsoptionen fließen schließlich mit in die Erstellung einer Wasserstoff-Roadmap der Bundesregierung ein.
Das Interview führte Eva Mühle, Wissenschaftsjournalistin beim Projektträger Jülich.