Die Systemanalyse agiert in einem Umfeld, das geprägt ist durch die zunehmende Digitalisierung. Dies ermöglicht eine kundenindividuelle, auf Informations- und Kommunikationstechnologie-basierte Steuerung von Energiesystemen. Hinzu kommt, durch den Bedarf nach lokal verfügbaren energetischen Flexibilitäten und dem zunehmenden Fokus auf lokale Energiemärkte, werden kleinräumige, zeitlich fein aufgelöste Szenarien für den Ausbau zukünftiger Energienetze und entsprechender Märkte immer relevanter. Nur mithilfe solcher Szenarien, in die Detailwissen über Energieumwandlungsprozesse einfließt, kann beantwortet werden, wie die künftige Energieversorgung betrieben und automatisiert werden kann.

Dabei ist die operative Energiesystemanalyse eine Voraussetzung, um viele Forschungsfragen zu beantworten. Sie konzentriert sich darauf einzelne Systemmodelle zu vergleichen und zu schauen, wie sich diese auf die angeschlossenen Energienetze auswirken. Dazu zählen beispielsweise Modelle, mit denen Fachleute den Stromnetze-Betrieb in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung simulieren. Derartig hochaufgelöste Modelle können allerdings nur einen geringeren Systemumfang abbilden. Daher konzentrieren sich die Modelle der operativen Energiesystemanalyse jeweils auf bestimmte Teilaspekte des Energiesystems.

Das Forschungsteam des MODEX-Vorhaben „Modellexperimente in der operativen Energiesystemanalyse“ (MEO) hat acht Modelle für operative Energiesystemanalysen quantitativ und qualitativ miteinander verglichen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dabei ermittelt, welche Modelle für welche Fragestellungen besonders geeignet sind. Aufbauend auf den Ergebnissen haben die neun Verbundteilnehmer die zugrundeliegenden Ursachen ermittelt und Optimierungspotenziale analysiert. Darüber hinaus hat der Vergleich gezeigt, wie jedes einzelne Modell individuell verbessert werden kann und wo die spezifischen Grenzen der Modelle liegen.

Logo Modellexperimente in der operativen Energiesystemanalyse. Schriftzug
@ Projektkonsortium

Das MEO-Projekt hat gezeigt, dass sich die Ansätze der verschiedenen Modelle, auch wenn sie betriebliche Aspekte untersuchen, deutlich unterscheiden können. Das kann einerseits durch den gewählten Ansatz für die Modellierung einzelner Systeme entstehen, beispielsweise durch die Art der Beschreibung der Energienetze.

Das richtige Modell für jede Fragestellung

Für den Modellvergleich hat das Team in der Vorbereitungsphase Szenario-Definitionen, die Datenerhebung und -harmonisierung durchgeführt. Außerdem haben die Partner zunächst einheitliche Szenarien für die Frage „Was sind die operativen Auswirkungen von Veränderungen im Energiesystem auf Verteilnetzebene und wie sind diese zu bewerten?“ entwickelt. Da die Energiewende sämtliche Sektoren und Energieträger betrifft standen neben Strom auch die Energieträger Gas und Wärme im Fokus der Untersuchungen. Die Szenarien haben jeweils eine Systembeschreibung, beispielsweise eine Netztopologie sowie Erzeugungs- und Verbrauchszeitreihen umfasst. Sie haben außerdem Veränderungen dargestellt, die sich innerhalb des Systems ereignen – zum Beispiel eine Zunahme der Solarstromerzeugung sowie der Einsatz innovativer Betriebsmittel oder Regelungsverfahren. Anschließend folgten die Experimente und quantitative und qualitative Ergebnisanalysen. Hierfür haben die Projektpartner unter anderem Ablaufdiagramme und Matrizen für Fähigkeiten, Eigenschaften und Parameter erstellt.

Diagramm mit  Parametern, Methoden und Komponenten das den Ablauf des Szenarios
@ Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg
Ablaufdiagramm des Szenarios „Zubau von Solarstromerzeugungsanlagen“ einschließlich PV-Synthese

Bei der Auswahl der Kriterien für die Modelle hat das Projektteam enge Parameter angelegt. So war zunächst eine hohe zeitliche Auflösung erforderlich. Diese muss mindestens 15 Minuten betragen. Zudem war eine kleinskalige Auflösung von Systemen ein wichtiges Kriterium. Dies war notwendig, damit das Forschungsteam Prozesse für das Erzeugen, Transportieren, Speichern und den Verbrauch von Energie aus Betriebsführungssicht analysieren konnte.

Im Hinblick auf die Steuerungslogik konnten die ausgewählten Modelle nicht nur Zeitreihen verarbeiten, sondern auch das dynamische Verhalten von Systemen abbilden. Ein Beispiel hierfür sind regelbare Ortsnetztransformatoren (rONT), die für die Spannungshaltung in Niederspannungsnetzen eingesetzt werden. Darüber hinaus mussten die Modelle bereits praxiserprobt sein, sprich in der operativen Energiesystemanalyse eingesetzt worden sein. Der dafür erforderliche Reifegrad stellte sicher, dass innerhalb von MEO keine nennenswerten Entwicklungsarbeiten erforderlich waren, die den Modellvergleich hätten verzerren können.

Sieben Szenarien der Modelle unter der Lupe

Das Projektteam hat Vergleiche zu folgenden Szenarien und Teilmodellen durchgeführt:

  • Zubau von Solarstromerzeugung
  • Vergleich von Photovoltaik (PV)-Erzeugungsgang-Synthese-Modellen
  • Installation von Elektrolyseuren
  • Installation eines regelbaren Ortnetztransformators
  • Zunahme von Elektro-Mobilität
  • Zubau/Installation von Wärmepumpen
  • Zubau/Installation von Blockheizkraftwerken
  • Co-Simulation: Vergleich der Co-Simulationsframeworks OpSim und mosaik anhand eines Simulationsszenarios zur Kopplung von Netzberechnung mit einem detaillierten Wärmepumpen-Modell.

„Für unseren Vergleich haben wir mit einer sehr heterogenen Modelllandschaft gearbeitet – mit sehr unterschiedlichen Spezialisierungen und unterschiedlichen Zeithorizonten. Eine besondere Herausforderung war es auch, die Eingangsdaten zu harmonisieren, Parameter für die Szenarien und für die gesamte Szenario-Definition festzulegen. Außerdem haben wir im Vorhaben Methoden für den Modellvergleich neu erarbeitet und erprobt, um gute Vergleiche zu ermöglichen“, erläutert Projektkoordinator Jan-Philip Beck von der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg. „Es ist uns dabei unter anderem gelungen konsistente Wärmeprofile zu gegebenen Stromprofilen und Netzgebieten im Rahmen der operativen Energiesystemanalyse zu erstellen.“

Innerhalb des Vorhabens haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Schnittstellen zur Kopplung verschiedener Modelle in Co-Simulation mit mosaik (pandapower, Wärmepumpen, BHKW, SQL-Datenbank, Zuverlässigkeitsberechnungen) entwickelt, die auch in Zukunft für weitere Forschungsarbeiten verwendet werden können.

„Eine Beobachtung war, dass die Ergebnisse der verschiedenen Modelle, die mit gleichen Eingangsdaten und gleichen Szenarien gearbeitet haben, sehr ähnlich waren. Allerdings wird bei einer solchen Betrachtung der Fokus der einzelnen Modelle nicht mit einbezogen. Gerade hinsichtlich der Eigenschaften und der Herangehensweise sind jedoch große Unterschiede erkennbar in Bezug auf die Problemstellungen, für die die Modelle entwickelt wurden. Ein Beispiel wäre hier die Echtzeitfähigkeit oder detaillierte Medienmodelle für Gase“, erklärt Jan-Philip Beck. „Einige Modelle sind aber in der Lage echtzeitfähig zu agieren und können somit auch als Unterstützung in realen Systemen eingesetzt werden. Die Möglichkeiten sind dazu sehr vielfältig und abhängig vom jeweiligen Modell.“


Mithilfe des Vergleichs konnte das Team die Modelle anwenden und deren Eigenschaften qualitativ und quantitativ messen. Auf Basis dieser Arbeit können in zukünftigen Projekten die idealen Energiesystemmodelle für bestimmte Anwendungsfälle leichter bestimmt werden. (ml)

Förderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert das Projekt MEO innerhalb des Schwerpunkts Systemanalyse. Den Rahmen dafür bildet das 7. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.

MEO – Modellexperimente in der operativen Energiesystemanalyse

För­der­kenn­zei­chen: 03ET4078A-I

Projektlaufzeit
01.01.2019 31.12.2021 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Systemanalyse

För­der­sum­me: rund 1 Million Euro

Abschlussbericht

Das öffentliche Dokument finden Sie bei der Technischen Informationsbibliothek Hannover.

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