Lösungen für eine gleichmäßigere und höhere Auslastung des Stromnetzes haben Fachleute im Vorhaben InnoSys2030 erforscht. Unter Federführung des Übertragungsnetzbetreibers Tennet in Bayreuth haben sich dafür 17 Partner aus ganz Deutschland zusammengeschlossen. Dazu gehören Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber, Fraunhofer-Institute, Universitäten und Netzleittechnik-Hersteller.

Gemeinsam haben die Projektpartner untersucht, welche Ansätze und Konzepte der Systemführung Potenzial bieten, um die im Jahr 2030 voraussichtlich vorhandenen Netzkapazitäten noch besser zu nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelten die Fachleute den sogenannten InnoSys-Systemführungsprozess. Dieser ermöglicht einen ausbalancierteren Leistungsfluss sowie den Einsatz von kurativen Maßnahmen, die Störungen begrenzen helfen. Auch im höherausgelasteten Netz soll die größtmögliche System- und Netzsicherheit oberste Priorität bleiben.

Schrittweises Vorgehen bringt Struktur

Zunächst analysierten und bewerteten die Fachleute die aktuell in Forschung, Politik und bei den Netzbetreibern diskutierten Ansätze unter elektrotechnischen, ökonomischen und sicherheitsrelevanten Aspekten. Entscheidendes Kriterium für die weiteren Schritte war die Praxistauglichkeit der Lösung. Nachdem sie die Ansätze ausgewählt, konzeptioniert und entsprechende Werkzeuge entwickelt hatten, erprobte das Forscherteam die Maßnahmen intensiv in Simulationsumgebungen und Labor-Nachbauten, sogenannten Demonstratoren. Im Rahmen von Feldtests wurden in Leitwarten installierte Rechnersysteme mit Echtzeit-Daten gefüttert und Systemführer testeten die Konzepte.

Neben dem überlagerten InnoSys-Systemführungsprozess erarbeiteten die Projektpartner sechs Konzepte kurativer Maßnahmen. Zu diesen gehörten zum Beispiel der Einsatz von leistungsflusssteuernden Betriebsmitteln, Anlagen zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ), Netzbooster, Redispatch aus dem Verteilnetz sowie Topologieschaltmaßnahmen.

Teamwork ist das wertvollste Werkzeug

„Am herausforderndsten war es, für die quantitative Bewertung der Maßnahmen die praxistauglichen stationären und dynamischen Referenznetzmodelle zu erstellen“, sagt Projektleiter Andreas Lukaschik und erklärt, „das heißt, wir haben sehr komplexe Stromnetzmodelle erstellt, um damit verschiedene Netzszenarien untersuchen zu können.“

Gruppenbild des Projektteams
© TenneT TSO GmbH
Die große Bandbreite an Expertise im Konsortium war ausschlaggebend für den Projekterfolg.

In der Regel legen Netzbetreiber den Schwerpunkt auf Modelle der eigenen Netzebene. Im Rahmen des Projekts kombinierten die Beteiligten ihre Modelle für eine ganzheitlichen Analyse des stationären und dynamischen Netzverhaltens. Die daraus resultierten Referenznetze dienten den Forschungsarbeiten als Basis und ermöglichten eine bessere Vergleichbarkeit der entwickelten Lösungsansätze und Werkzeuge.

Den vielfältigen Herausforderungen stellte sich das Team, indem sich die beteiligten Expertinnen und Experten mit hohem persönlichen Aufwand und Kleinstarbeit einbrachten und das Projektmanagement so flexibel und agil wie möglich gestalteten. So gelang es, die vielen verschiedenen Konzepte zu entwickeln und zu bewerten. „Einzelne Maßnahmen stechen nicht heraus. Bei innovativer Systemführung ergänzen sich kurative und präventive Maßnahmen zu einem gemeinsamen Systemführungsprozess“, betont Lukaschik. Die Kombination bringe den entscheidenden Nutzen.

Hoher Abstimmungsaufwand zahlt sich aus

Um die vielfältigen Fragestellungen bestmöglich angehen zu können, arbeiteten die Projektpartner interdisziplinär zusammen und schöpften so aus der großen Wissensquelle der beteiligten Fachkräfte. „In dem großen Ausmaß wie geschehen, waren einige Detail- und Abstimmungsarbeiten zu Beginn nicht abzuschätzen“, erinnert sich Lukaschik, „aber dank der Tatsache, dass wir alle vier Übertragungsnetzbetreiber sowie starke Partner der Verteilnetzbetreiber an Bord des Projekts hatten, konnten wir umfangreiche Umfragen unter den Expertinnen und Experten durchführen.“

Im Rahmen der Verbundtreffen gewannen die verschiedenen Teams zudem Einblick in andere Arbeitspakete und diskutierten die Untersuchungen der zahlreichen Simulationen. „Der gemeinsame Blick auf die Ergebnisse hat es uns ermöglicht, die hohe Sensitivität der Parameter besser zu verstehen und iterativ aufzubereiten“, sagt Andreas Lukaschik. Auch wenn dies nach Angaben des Projektleiters organisatorisch herausfordernd war – am Ende stehen intensiv diskutierte Ergebnisse für die Fachwelt und die Öffentlichkeit zur Verfügung.

Erkenntnisse stehen für praktische Nutzung bereit

Den größtmöglichen Nutzen würde der entwickelte InnoSys-Systemführungsprozess entfalten, wenn er nicht auf Deutschland beschränkt bliebe, sondern auch im europäischen Stromnetz-Verbund angewendet würde, meint Lukaschik. Darüber hinaus könnten die Konzepte auch auf internationale Anwendungsszenarien übertragen werden. Jedoch gilt es in ersten Erprobungsschritten, Erfahrungen zu sammeln.

Um die innovative Systemführung als integrierte Lösung umzusetzen, wurde dafür die InnoSys-Roadmap über drei Evolutionsstufen entwickelt. Mit dieser werden bis 2030 und darüber hinaus sechs Handlungsfelder aufgezeigt, in welchen bereits jetzt entsprechende Akteure aktiv werden müssen. „Die große Vision von InnoSys 2030 können wir nur gemeinsam erreichen“, erklärt Lukaschik und fügt hinzu: „Mit Abschluss des Projekts setzen wir nicht den Schlusspunkt der Arbeiten, sondern den Startschuss für die Umsetzung der innovativen Systemführung auf dem Weg zum Zielnetz der Zukunft.“ (kkl)

Förderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat das Projekt InnoSys2030 im Forschungsbereich Stromnetze innerhalb des Schwerpunkts „Systemintegration erneuerbarer Energien“ gefördert. Den Rahmen dafür bildet das 6. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.

InnoSys2030 – Innovationen in der Systemführung bis 2030

För­der­kenn­zei­chen: 0350036A-O

Projektlaufzeit
01.10.2018 31.12.2021 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Stromnetze

För­der­sum­me: knapp 9,4 Millionen Euro

Logo mit Schriftzug InnoSys2030
© Tennet TSO GmbH

Website

Weiterführende Informationen zu Zielen, einzelnen Teilprojekten, den beteiligten Partnern sowie eine Übersicht über bisher erfolgte Veröffentlichungen finden Sie auf der Internetseite des Projekts.

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