Wie es sich auf das Höchstspannungsnetz auswirkt, wenn Teile der Stromleitung mit Wechselspannung unter der Erde verlegt werden, hat das Forschungsteam des Vorhabens CableCop der Forschungsgemeinschaft für Elektrische Anlagen und Stromwirtschaft in Mannheim untersucht. Mit an Bord als assoziierte Projektpartner waren alle vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber. Ihre Erkenntnisse für die Netzplanung haben die Fachleute in einem Leitfaden zusammengefasst.

Hintergrund für CableCop ist, dass beim durch die Energiewende vorangetriebenen Netzausbau viele Bürgerinnen und Bürger eine Erdverkabelung überirdischen Stromleitungen vorziehen. Für viele Menschen beeinträchtigen die Trassen das Landschaftsbild und die Umwelt.

Da Höchstspannungsleitungen bislang meist Freileitungen sind, besteht in puncto Kabeltechnologie ein hoher Forschungsbedarf. Das gilt insbesondere für solche Erdkabel, die mit Wechselspannung funktionieren, da sie bislang meist mit Gleichspannung betrieben werden. Diese eignet sich zwar gut, um Strom verlustarm über weite Strecken zu transportieren, als Standard in der Stromversorgung hat sich jedoch Wechselspannung etabliert. Strom kann damit relativ einfach auf unterschiedliche Spannungsebenen gebracht werden – von der Erzeugungsanlage bis zum Privathaushalt.

Im Wechselspannungsnetz auf Höchstspannungsebene erzeugen erdverkabelte Stromleitungen durch Ausgleichsströme Schwingungen, Resonanzen genannt. Da diese den möglichen Umfang der Verkabelung im Wechselspannungsnetz begrenzen und sogar die Netzstabilität gefährden können, lag der Fokus der Expertinnen und Experten darauf zu erforschen, wie sich Resonanzen ausbilden, wie sich Überspannungen verbreiten und wie sich diese Phänomene auf den Verlauf der Netzimpedanz, den Wechselstromwiderstand, auswirken.

Aufwendige Erdkabel-Netze müssen genau geplant werden

Die Komplexität der Wechselspannungs-Erdkabeltechnologie erfordert von den Fachleuten aufwendige Analysen bei der Detailplanung der Netze. Ziel des Vorhabens war es deshalb, künftig besser abschätzen zu können, welche systemtechnischen Risiken es birgt, Höchstspannungs-Kabel zu verlegen und wie diesen Risiken am besten begegnet werden kann. Nur mit diesem Wissen kann die Netzplanung zügig vorangehen.

Dabei ging das Forschungsteam so vor, dass es alle relevanten Betriebsmittel mit aus künstlich erzeugten Daten erstellten Modellen hinterlegte, um mithilfe einer Simulationssoftware erfassen zu können, wie sich die Resonanzen durch Erdkabel bilden.

Darauf aufbauend entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein neues Verfahren, mit dem sie einzelne Netzausschnitte erstellen können. Anschließend analysierten sie mittels Sensitivitätsuntersuchungen die Erdkabelsysteme in den betrachteten Ausschnitten. Aufgrund der vielen im Netz enthaltenen Elemente war es für die Expertinnen und Experten eine Herausforderung, möglichst kleine, aber dennoch repräsentative Netzausschnitte für ihre Berechnungen und Simulationen auszuwählen. Das war auch deswegen kniffelig, weil es dafür bisher noch keine etablierten Verfahren gibt.

Hinzu kommt, dass Höchstspannungsnetze zur kritischen Infrastruktur zählen. Bei ihren messtechnischen Untersuchungen im realen Höchstspannungsnetz im Anschluss an die Laborarbeit mussten die Forschenden daher aufpassen, dass sie nicht ins Netz eingreifen, um technische Risiken möglichst geringzuhalten.

Besonderheiten bei der Verkabelung können künftig besser berücksichtigt werden

Die Sensitivitätsuntersuchungen zeigten, welche Faktoren die Netzimpedanz beeinflussen: Dazu gehören zum einen die genaue Ausgestaltung der Teilerdverkabelung, die Struktur möglicher unterlagerter Hochspannungsnetze sowie unterschiedliche Betriebs- und Schaltzustände. Das Team fand darüber hinaus heraus, dass es entscheidend ist, Messwandler mit einem linearen Übertragungsverhalten, ohne Resonanzen im relevanten Frequenzbereich, zu verwenden. Um sowohl die großen, als auch die kleineren Signalanteile der Netzfrequenz sicher erfassen zu können, muss jeweils der optimale Messbereich von Zwischenwandlern und des eigentlichen Messsystems gewählt werden.

Die Modelle und Verfahren entwickelten die Projektpartner so, dass sie künftig in realen Höchstspannungsnetzen angewendet werden können. Von Vorteil ist dabei, dass die eingesetzte Software bereits etabliert und verbreitet ist. Das Team plant, diese Erweiterungen anderen Anwendern zur Verfügung zu stellen, damit diese von den Erkenntnissen aus dem Projekt profitieren. Insbesondere das neue Verfahren zur Generierung von Netzausschnitten kann dazu beitragen, notwendige Simulationen zu beschleunigen. Darüber hinaus kann das erprobte Messverfahren zur Bestimmung der Netzimpedanz auch in anderen Spannungsebenen genutzt werden. Die gewonnenen Messdaten können des Weiteren verwendet werden, um Simulationsmodelle zu validieren und zu verbessern.

Insgesamt können Fachleute dank der Ergebnisse künftig besser einschätzen, wie sinnvoll eine Wechselspannungs-Teilverkabelung neuer Stromleitungen ist. Gleichzeitig können Expertinnen und Experten anhand des Leitfadens mögliche Maßnahmen gegen die damit verbundenen Risiken treffen. (kkl)

Förderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat das Projekt CableCop im Forschungsbereich Stromnetze innerhalb des Schwerpunkts „Integration Erneuerbare Energien“ gefördert. Den Rahmen dafür bildet das 7. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.

CableCop – Diagnose-Guide zur Behandlung der Auswirkungen von Verkabelung im deutschen Höchstspannungsnetz

För­der­kenn­zei­chen: 0350043

Projektlaufzeit
01.09.2018 28.02.2022 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Netzplanung und -auslegung

För­der­sum­me: gut 670.000 Euro

Fachcommunity

Das Forschungsnetzwerk Stromnetze bringt Fachleute zusammen. Die Mitglieder organisieren sich in fünf Arbeitsgruppen zu Netzbetriebsführung und Stabilität, Anlagen- und Stromrichtertechnik, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung und AC/DC-Integration, Flexibilisierung des Energiesystems sowie Digitalisierung und IKT.

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