Überschüssigen Öko-Strom in Methan umwandeln und das Erdgasnetz als Speicher nutzen: Wie das am besten gelingt, haben Fachleute innerhalb des Projekts ORBIT untersucht. Als letzten Teil des Projekts starteten sie im Herbst 2020 einen Feldtest in Ibbenbüren bei Osnabrück und speisten erstmals grünes Gas ins Gasnetz des Tecklenburger Landes ein.

Zur offiziellen Inbetriebnahme der Anlage am 23. Oktober 2020 begrüßte das Forscherteam rund um Prof. Michael Sterner und Projektleiter Martin Thema von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg Staatssekretär Andreas Feicht aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), das das Projekt mit rund einer Million Euro gefördert hat, Forschungsministerin Anja Karliczek sowie Harald Heß, Westenergie-Technikvorstand.

Während des Feldtests wurde das vor Ort erzeugte Methan direkt in die bestehende Erdgas-Infrastruktur eingeleitet. Das ist möglich, weil Methan auch Hauptbestandteil von fossilem Erdgas ist. So kann das Methan zum Beispiel für die Wärmeversorgung genutzt werden oder um Fahrzeuge zu betreiben.

Erdgasnetze als alternative Energiespeicher nutzen

Damit hat das Forscherteam mit Partnern aus Hochschulen und Industrie unter Federführung der Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher an der OTH Regensburg die untersuchte Power-to-Gas-Technologie entscheidend vorangebracht und so einen Beitrag zur Energiewende geleistet.

Um den Anteil erneuerbar erzeugter Energie am Stromverbrauch zu erhöhen, muss Strom dann genutzt werden, wenn er produziert werden kann, wenn also der Wind weht und die Sonne scheint. Besteht keine Möglichkeit den Strom direkt zu verbrauchen, muss er gespeichert werden – in kurzfristigen Speichern, wie Pumpspeicherkraftwerken oder Batterien. Alternativ dazu sind Erdgasnetze besonders als Speicher geeignet, weil sie eine gut ausgebaute Infrastruktur darstellen und man den Strom so für Bedarfe in anderen Energiesektoren verfügbar machen kann.

Das Gruppenbild zeigt Forschungsministerin Anja Karliczek und Energie-​Staatssekretär Andreas Feicht (Mitte) und die Projektpartner um Leiter Martin Thema (6.v.l.) beim Feldtest-Start des Projekts ORBIT am 23. Oktober 2020 in Ibbenbüren.
© Hermann Pentermann/ Westenergie
Forschungsministerin Anja Karliczek (Mitte) und Energie-Staatssekretär Andreas Feicht (2.v.r.) nehmen den Rieselbett-Bioreaktor des Projekts ORBIT im Beisein der Projektpartner am Freitag, 23. Oktober 2020, in Ibbenbüren offiziell in Betrieb.

Das ORBIT-Team stellte aus überschüssigem Strom Methan her, indem es den Öko-Strom nutzte und damit in der Power-to-Gas-Anlage des Energie- und Infrastrukturdienstleisters Westenergie in Ibbenbüren mittels Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltete. Der so gewonnene Wasserstoff sowie zusätzlich Kohlenstoffdioxid wurden dann zum sogenannten Rieselbett-Bioreaktor geführt. In dem sich hier anschließenden biologischen Teil des Verfahrens brachte das Forschungsteam kleine Mikroorganismen, sogenannte Archaeen, ins Spiel. Diese wandeln den Wasserstoff und das Kohlenstoffdioxid in dem Bioreaktor in Methan um, indem sie es als Stoffwechsel-Abfallprodukt ausscheiden.

Erfolg durch Zusammenarbeit führender SpezialistInnen

ORBIT zeichnet sich durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise aus: „Das Besondere an unserem Projekt ist, dass wir ein interdisziplinäres Team aus Biologen, Verfahrens- und Energietechnikern, Anlagenbauern und Anwendern aufgestellt haben“, erklärt Projektleiter Martin Thema von der OTH Regensburg. „Jede und jeder Einzelne ist ein echter Spezialist und federführend auf seinem Gebiet. Zusammen haben wir es geschafft, den Prozess dieser Technologie von Grund auf neu zu entwickeln und die einzelnen Schritte aufeinander abzustimmen, sodass das Zusammenspiel von Anlage, Reaktor und Mikroorganismen verbessert werden konnte.“

Das Forscherteam hat damit ein wichtiges Ziel erreicht und neue Erkenntnisse für den Betrieb und die Weiterentwicklung von Rieselbett-Bioreaktoren zur biologischen CO2-Methanisierung gewonnen und einen einheitlichen Vergleichsstandard für die neue Anlagentechnik entwickelt. So hat das Team beim Verein Deutscher Ingenieure angestoßen, dass eine neue Normenreihe, die VDI 4635 Power-to-X, erstellt wird. Der Nutzen des Projekts liegt auf der Hand: Investitions- und Betriebskosten bleiben möglichst gering, während gleichzeitig möglichst viel Methan produziert wird – um Wind- und Sonnenenergie bestmöglich zu nutzen. (kkl)

Projektpartner

ORBIT – Optimierung eines Rieselbett-Bioreaktors für die dynamische mikrobielle Biosynthese von Methan mit Archaeen in Power-to-Gas-Anlagen

För­der­kenn­zei­chen: 03ET6125A-F

Projektlaufzeit
01.07.2017 31.12.2020 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

strombasierte Erzeugung gasförmiger Energieträger

Sektorkopplung

För­der­sum­me: rund eine Million Euro

Abschlussbericht

Das öffentliche Dokument finden Sie bei der Technischen Informationsbibliothek Hannover.

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ORBIT bei Research Gate

Wissenschaftliche Informationen zum Projekt ORBIT finden Sie auch auf der Publikationsplattform Research Gate.

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Was sind Archaeen?

Die nur wenige Mikrometer großen Lebewesen haben sich vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren auf der Erde entwickelt und sind entwicklungsgeschichtlich Vorfahren aller Pflanzen, Tiere und Menschen. Die Methan-Produzenten unter ihnen kommen dort vor, wo Sauerstoffabschluss herrscht: in Mooren, in Vulkankratern, in der Tiefsee oder aber im Verdauungstrakt von Säugetieren.

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BMWK/Holger Vonderlind

Förderung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat das Projekt ORBIT im Forschungsbereich Energiespeicher innerhalb des Schwerpunkts „Übergeordnete Themen“ gefördert. Den Rahmen dafür bildet das 6. Energieforschungsprogramm. Hier finden Sie weitere Informationen zur Forschungsförderung.